Junge Briten lernen immer seltener Deutsch als Fremdsprache

Zuletzt aktualisiert: 10. Dezember 2022

Laut Berichten verschiedener Medien, darunter der Deutschlandfunk und die FAZ, würden immer weniger junge Menschen in Großbritannien Deutsch und andere Fremdsprachen lernen. Das sei das Ergebnis des jährlichen Language-Trends-Berichts des britischen Kulturinstituts British Council.

Language-Trends

Den Medienberichten zufolge bezifferte der Language-Trends-Bericht vom British Counsil die Zahl der Kinder, die im Jahr 2020 in Großbritannien Deutsch für ihre Mittlere-Reife-Prüfung (GCSE) gewählt hätten mit etwas über 40.000. Zum Vergleich: Im Jahr 2005 seien des demnach noch 100.000 gewesen. Bei den mit unserem deutschen Abitur vergleichbaren britischen A-Levels sei die Zahl der Deutsch-Prüflinge zuletzt auf 2.666 gesunken.

Während das Interesse der britischen Schüler an Deutsch und auch Französisch abnehme, wachse es an Chinesisch und Spanisch. Das berichtete der Deutschlandfunk schon vor drei Jahren.

Fremdsprache ist in Großbritanniens Schulen kein Pflichtfach zur Prüfung

Im Jahr 2001 hätte das Interesse britischer Schüler an Deutsch seinen Höhepunkt gehabt. Damals, so melden die Medienberichte, hätten sich 571.000 Schüler für Deutsch als Prüfungsfach bei der GCSE-Prüfung angemeldet.

Mit dem Abschaffen der Pflicht, mindestens eine Fremdsprache als Prüfungsfach zu wählen – ein Ergebnis der Politik der 2004 regierenden Labour-Regierung – hätten sich demnach immer weniger britische Schüler für das Erlernen der Fremdsprache Deutsch interessiert. Das sei zweifelsohne katastrophal gewesen und auch der Hauptgrund dafür, dass man immer gegen den Strom schwimme, wenn man die Sprachen stärken wolle. Mit diesen Worten zitieren die Medien Katrin Kohl, die als Professorin für Deutsch an der Universität Oxford lehre, und sie gegenüber der Deutschen Presse-Agentur äußerte.

Dass sich dieser Trend umkehre, daran hege Kohl Zweifel. Ihr zufolge lohne es sich für immer weniger britische Schulen, das Fach Deutsch als Fremdsprache anzubieten. Außerdem beobachte sie, dass das Fach Deutsch kaum wieder an eine Schule zurückkehre, wenn es dort einmal verschwunden war, zum Beispiel, weil es keine Lehrkraft dafür gegeben habe.

Junge Briten

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Ein Grund für das zunehmende Desinteresse an Deutsch: schlechtere Noten

Schüler, die in Großbritannien Deutsch als Prüfungsfach wählen würden, würden im Schnitt etwas schlechter abschneiden als Schüler, die sich zum Beispiel in Geschichte prüfen ließen, ist in den Berichten der Medien weiter zu lesen. Das sei demnach nicht nur für die Schüler problematisch, sondern auch für ihre Schulen. Denn deren Qualität und guter Ruf werde am Abschneiden ihrer Schülerschaft bei zentralen Prüfungen gemessen.

Zwar versuche die britische Regierung, dagegen zu steuern – für das GSCE seien bereits Veränderungen an der Benotung vorgenommen worden. Doch für die A-Level habe sich bislang nichts geändert.

Auch der Ruf des Deutschen, eine schwierige Sprache zu sein, trüge demnach zum Desinteresse am Erlernen der Sprache bei. Dies gelte als elitär. Viele Broten nähmen Deutsch als schwerer wahr als andere Sprachen und würden deshalb davon ausgehen, dass es nur den sprachbegabtesten Schülern vorbehalten sei, wird Vicky Gough vom British Council zitiert.

Deutsch als Fremdsprache lernen – eine Frage des Geldes

Zugleich mit dem Nutzen für die schulische Laufbahn hätten britische Schüler auch weniger Austauschgelegenheiten als früher. Das Unterkommen bei Gastfamilien gelte in Großbritannien inzwischen als risikobehaftet. Wer Schüler bei sich aufnehmen wolle, müsse ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen. Da es aber in Deutschland und anderen Ländern keine vergleichbaren Regelungen gebe und die Übernachtung in Jugendherbergen und Hotels erheblich teurer sei, würden seit einigen Jahren viele britische Schulen auf die Auslandsaufenthalte verzichten. Die Pandemie habe den ohnehin schon gebremsten Austauschbetrieb dann vollends zum Erliegen gebracht, heißt es in den Medienberichten weiter.

Das Erlernen einer Fremdsprache sei demnach auch eine Frage des Geldes: Zahlreiche britische Schulen böten nur noch eine Fremdsprache an – meist Französisch. Besonders stark zurückgegangen sei das Deutsch-Angebot an staatlichen Schulen und in wirtschaftlich schwächeren Gegenden. Während es an 70 Prozent der britischen Privatschulen für 11- bis 14-Jährige noch ein Deutsch-Angebot gebe, sei dies nur noch bei einem Drittel der staatlichen Schulen der Fall. Und während sich die Schulen mit Deutsch-Angebot im reichen Süden des Landes konzentrieren würden, bilde der wirtschaftlich abgehängte Nordosten Englands das Schlusslicht.

Kann der Trend gestoppt werden?

Dazu müsse man auch wissen, dass Fremdsprachkenntnisse immer noch von Vorteil auf dem britischen Arbeitsmarkt seien. Deutsch habe hier Platz zwei nach Französisch inne, ermittelte die Job-Börse Indeed vor kurzem. Demnach werde in jedem vierten Job-Gesuch in Großbritannien, das Fremdsprachenkenntnisse voraussetze, explizit nach Deutsch gefragt.

Katharina von Ruckteschell-Katte leitet das Goethe-Instituts in London. Laut den Medienberichten bestätige auch sie einen Rückgang an Deutschlernenden in Großbritannien. Dabei erkenne sie einen deutlichen Zusammenhang mit dem Brexit – wenn auch anders, als man zunächst vermuten würde: Man habe ja nicht nur Briten, sondern auch Europäer, und viele seien einfach weggegangen aus dem Land, wird von Ruckteschell-Katte zitiert. Die britische Klientel hätte sich hingegen gehalten. Das Interesse der Briten an deutscher Kultur – wenn auch nicht unbedingt Sprache – sei seit dem EU-Austritt sogar noch einmal größer geworden. Es herrsche Angst, den Kontakt und die Beziehungen zu verlieren. An eine Umkehr des Trends beim Deutschlernen glaube Ruckteschell-Katte nicht, doch sie hoffe, dass wenigstens der starke Abwärtstrend gestoppt werden könne.

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