Zuletzt aktualisiert: 18. März 2024
Der „American Way of Life“ klingt nachahmenswert: Die Amerikaner sind immer optimistisch, aktiv und am eigenen Glück orientiert. Doch ist diese Lebensart auch in der Geschäftskultur der USA verankert? Während meiner letzten Reise in die Staaten sammelte ich einige interessante Erfahrungen darüber, was jenseits des Atlantiks im Business zählt. Ich war mit 15 anderen Unternehmern und Start-up-Gründern Teilnehmerin des „Startup and Entrepreneur Program“ der Außenhandelskammer USA. Veranstaltet wurde der einwöchige Business-Trip nach New York von NRW.International im Rahmen der Außenwirtschaftsförderung NRW.
Eines stellte ich bei den vielen geschäftlichen Treffen in den USA schnell fest: Im amerikanischen Geschäftsleben ist vieles ganz anders, als in Deutschland. Der deutlichste Unterschied besteht für mich darin, dass „Doing Business“ dort ganz massiv mit Networking verbunden ist. Die US-amerikanische Expertin für Business-Etikette, Jacqueline Whitmore, empfiehlt tatsächlich, 30 Prozent des Arbeitsalltags für berufliche Beziehungspflege einzusetzen – und auch in der Freizeit so viel wie möglich am eigenen Netzwerk zu arbeiten. Im Unterschied zu Deutschland geht Networking in den USA viel einfacher. Denn Amerikaner sind wahre Könner beim „Socializing“. Ob in Meetings oder auf Konferenzen: Der Smalltalk ist für sie absoluter Standard im Business und daher fester Bestandteil jedes geschäftlichen Termins. Für Deutsche wirkt das sogenannte „working the crowd“ oft sehr oberflächlich. In den USA ist es aber völlig normal, kurz an einen Tisch zu treten, sich vorzustellen, etwas Smalltalk zu halten und danach die nächste Gesprächsrunde anzusteuern.
Diese vermeintliche Oberflächlichkeit hat einen entscheidenden Vorteil: Es ist in den USA viel leichter, auf Menschen zuzugehen und interessante Kontakte zu knüpfen, als in Deutschland. Doch Achtung vor Fettnäpfchen: So locker und weltoffen die Menschen in den USA auch scheinen – es gibt eine Reihe von Gesprächsthemen, die im Business-Alltag Tabu bleiben sollten. Über die amerikanischen Präsidentschaftskandidaten zu schimpfen ist genauso unangebracht wie die Gesprächsthemen Religion oder Sex. Auch in den USA gilt beim Smalltalk: Unverfängliches wie Sport, Wetter oder Neuigkeiten aus Deutschland gehen immer. Allerdings sollte nicht zu viel gejammert werden – etwa über die Politik oder den Verkehr hierzulande. Denn „Think positive“, dieses Credo des amerikanischen Lebensstils, gilt auch und vor allem in der Geschäftswelt.
Ein weiteres Merkmal der amerikanischen Geschäftswelt ist mir bei einer „Pitch Night“ vor rund 80 geladenen Gästen aus der New Yorker Gründerszene aufgefallen: Während sich in Deutschland viele Startups sehr sachlich und detailorientiert präsentieren, zählt für die amerikanischen Kapitalgeber vor allem der Revenue. Die oft gerühmte deutsche Gründlichkeit kann in den USA dagegen eher ein Nachteil sein und lange Erläuterungen von technischen Features oder dem Marketing schrecken amerikanische Investoren häufig eher ab. Besser ist es, schnell zur Sache zu kommen, groß zu denken und eine klare Vision zu vermitteln. Es kommt in den USA in erster Linie auf schnelles Wachstum und eine konkrete Gewinnerwartung an. Daher sollten deutsche Unternehmer absolut perfekt vorbereitet in ihre Präsentation gehen: Umsatzzahlen und der konkrete Nutzen für die Zielgruppe müssen direkt und klar benannt werden können. Gleichzeitig geht es in den USA mehr als in Deutschland um die richtige „Story“ zum Produkt oder zur Dienstleistung. Großspurige Visionen sind gern gesehen – sofern sie faktenbasiert und gerne auch mit ein wenig mehr Pathos als in Deutschland vermittelt werden.
Allzu besorgt sollte aber niemand über die Unterschiede in der Business-Kultur zwischen Deutschland und den USA sein. Denn die Amerikaner sind im Allgemeinen nicht nachtragend und sehen über den einen oder anderen Fauxpas im Geschäftsleben gerne hinweg. Bedingung dafür ist allerdings, die Bereitschaft an sich zu arbeiten. Und damit könnten die Deutschen ja schon einmal zu Hause anfangen.