Mehr als Sprache

Zuletzt aktualisiert: 28. Juli 2023

Qualifizierte Dolmetscher begleiten ausländische Betroffene durch die MPU und übernehmen viele Rollen

„Mach dich auf alles gefasst, wenn es heißt: Ou, ou, ou, du musst zur MPU.“ Was der Hip-Hop-Sänger Florian Sump mit beinahe bedrohlichem Unterton in seinem Song „MPU“ besingt, ist für viele Betroffene tatsächlich ein Ereignis, dem sie mit großem Bangen entgegensehen.

Was ist die MPU und welchen Zweck hat sie?

Die MPU, kurz für „Medizinisch-Psychologische Untersuchung“ und umgangssprachlich noch immer abfällig als „Idiotentest“ bekannt, entscheidet nämlich über die – für viele Menschen lebenswichtige – Frage, ob sie ihren Führerschein wiedererlangen können oder nicht. Bei der Untersuchung geht es in erster Linie darum herauszufinden, ob ein Fahrer, dem wegen Alkohol- oder Drogen­missbrauchs bzw. verkehrs- oder straf­rechtlicher Auf­fälligkeit der Führerschein entzogen wurde, sein Verhalten und seine Einstellung künftig grundlegend verändern wird und damit in der Lage ist, verant­wortungsvoll als Autofahrer am Straßenverkehr teilzunehmen. Die MPU, die in einem Gutachten für die zuständigen Verkehrsbehörden mündet und die für Menschen mit geringen Deutschkenntnissen von einem beeidigten Dolmetscher begleitet wird, besteht aus einem medizinischen, einem psychologischen und einem diagnostischen Teil. Insbesondere die psychologische Untersuchung lässt die Betroffenen nervös werden.

Dolmetschen bei der MPU – Genauigkeit trotz Stress

Davon weiß auch die beeidigte Dolmetscherin Aleksandra Pieczynska aus Duisburg ein Lied zu singen. Seit mehr als vier Jahren begleitet sie Menschen aus Polen, die der deutschen Sprache nicht oder nicht ausreichend mächtig sind, zur MPU.

Gebucht wird sie von Lingua-World Übersetzungsbüros oder anderen Partner­unternehmen der amtlich an­erkannten Begutachtungsstellen, die die MPU durchführen. „Die Leute sind sehr gestresst bei dieser Untersuchung, für viele ist das so anstrengend wie eine schwierige Prüfungs­situation, vergleichbar mit dem Abitur“, sagt sie. Die Herausforderung für sie als Dolmetscherin liege dann vor allem darin, vollkommen sachlich zu bleiben und nichts anderes zu tun, als genau zu übersetzen. Aufgrund der Nervosität der Betroffenen sei dies oft nicht einfach. „Die Fragen im psychologischen Teil der MPU sind manchmal kompli­ziert, und die Menschen reagieren zum Teil widersprüchlich, fangen einen Satz an, brechen ihn ab, weil ihnen etwas anderes einfällt und beginnen dann noch einmal von vorne“, beschreibt sie die Situation anschaulich. Sie müsse dies aber ganz genau widerspiegeln, und daher klinge ihre Übersetzung dann auch entsprechend chaotisch. Anders gehe es jedoch nicht, denn jede Modifizierung oder Vereinfachung würde das Gesagte und damit den Sprecher selbst in einem anderen Licht erscheinen lassen, was gerade bei einer psychologischen Begutachtung unter Umständen zu Fehlinterpretationen führen könne.

Dolmetschen bei der MPU – Genauigkeit trotz Stress

Nervosität trotz MPU-Vorbereitung

Selbst eine verkehrspsychologische Vorbereitung auf die MPU, wie sie von zahlreichen Dienstleistern angeboten wird, führt oft nicht dazu, dass die Betroffenen bei der Unter­suchung entspannter sind. „Der Stress ist trotzdem da“, weiß Aleksandra Pieczynska und gibt zu bedenken: „Für die Menschen ist es ungeheuer wichtig, den Führerschein wieder­zubekommen, sie brauchen ihn, weil sie sonst nicht arbeiten können und weil das so viel Freiheit und Selbstbestimmung bedeutet, für viele ist das fast lebens­notwendig.“ Es sei daher kein Wunder, dass auch nach 20 Beratungsstunden beim Verkehrspsychologen die Nervosität so hoch sei, denn die Vorstellung, nicht zu bestehen und dann weiterhin auf andere angewiesen zu sein, „diese Perspektive ist die ganze Zeit mit dabei und stresst die Menschen“, so die Dolmetscherin.

MPU als Wendepunkt im Leben

Doch trotz der als negativ empfunden Begleiterscheinungen und der Nervosität im Gespräch ist für viele Betroffene gerade die Vorbereitung auf die MPU und schließlich die Untersuchung selbst ein entscheidender Wendepunkt im Leben. Die Zusammen­hänge zu verstehen, die zum Verlust des Führerscheins geführt haben, die persönliche Geschichte zu analysieren und zu erkennen, warum man zum Beispiel in großen Mengen Alkohol trinkt, darin sieht die Dolmetscherin den hauptsächlichen Sinn der MPU. „Durch die Vorbereitung auf die Untersuchung sind die Leute gezwungen, sich mit ihrem Problem zu beschäftigen und etwas zu verändern“, diesen Wandlungsprozess habe sie im Gespräch mit den Betroffenen oft erkennen können.

Dolmetschen bei der MPU: Emotionen gehören dazu

Sprachmittlerin, Begleiterin, Vertraute – für Aleksandra Pieczynska, die als beeidigte Dolmetscherin der Schweigepflicht unterliegt, sind alle diese Rollen Teil ihrer Arbeit mit den Menschen bei der MPU. Und bei aller professionellen Distanz gehen auch ihr manche Geschichten nahe, etwa wenn Frauen durch ihren Alkohol- oder Drogen­missbrauch ihre Kinder vernachlässigt haben. „Das berührt mich als Frau und Mutter“, gibt sie zu. Doch zeigen würde sie es niemals, denn neben einer absolut korrekten Übersetzung sei Sachlichkeit das oberste Gebot. Was nicht heiße, dass sie sich mit ihren Klienten nicht auch einmal ausgiebig freuen dürfe. „Wenn jemand bestanden hat, dann kommt es schon vor, dass ich überschwänglich umarmt und geküsst werde“, berichtet sie lachend. „Dann fällt die Anspannung ab, nicht selten fließen Tränen“, und sie könne sicher sein, dass ihre professionelle Arbeit als Dolmetscherin nützlich und sie an dieser Stelle genau richtig sei.

MPU als Wendepunkt im Leben

Wichtige Informationen zur MPU

Was ist die MPU und welchen Zweck hat sie?

Die Abkürzung MPU steht für „Medizinisch-Psychologische Untersuchung“ zur Beurteilung der Fahreignung. Das Ergebnis dieser Untersuchung ist ein Gutachten, auf dessen Grund­lage die zuständige Behörde darüber entscheidet, ob die Erlaubnis, ein Kraftfahr­zeug zu führen, entzogen bzw. neu erteilt wird.
Quelle: wikipedia.org

Wer muss eine MPU machen?

Wer im Straßenverkehr durch Trunkenheit mit einer Alkoholkonzentration im Blut ab 1,1 Promille aufgefallen ist, dem wird die Fahrerlaubnis entzogen. Ab 1,6 Promille wird eine MPU angeordnet. In einigen Bundesländern wird die MPU bereits ab einem Blutalkohol­wert von 1,1 Promille verordnet, und diese Grenze ist von verschiedenen Gerichten bestätigt worden. Es ist davon auszugehen, dass künftig generell schon der niedrigere Wert dazu führt, dass man sich einer MPU unterziehen muss. Ein weiterer Grund für die Anordnung einer MPU liegt vor, wenn man unter dem Einfluss von Cannabis oder anderen Drogen wie Kokain, Heroin oder Amphetaminen im Straßenverkehr auffällt.
Quellen: bussgeldkatalog.org; Die MPU-Berater

Wo wird die MPU durchgeführt?

Die MPU erfolgt ausschließlich in einer von den Landesbehörden anerkannten Organisa­tion, die zum Betrieb von Begutachtungsstellen berechtigt ist. In Deutschland dürfen aktuell (Februar 2017) 16 solcher Organisationen eine MPU durchführen.
Quelle: wikipedia.org

Was wird bei der MPU gemacht?

Neben allgemeinen Fragen zum Lebenslauf und zur Gesundheit müssen auch spezielle Fragen zum Thema Alkohol und Trunkenheitsfahrten bzw. zu Drogen und Fahrten unter Drogeneinfluss beantwortet werden. Außerdem werden Betroffene auf ihre Wahr­nehmungs-, Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit getestet und in einer medizinischen Untersuchung allgemein, neurologisch und konkret mit Bezug auf den jeweiligen Anlass (Alkohol, Drogen) untersucht. In einem kurzen ärztlichen Gespräch geht es dann ins­besondere um die Gründe für den Konsum und deren Veränderung. Dies wird im psycho­logischen Gespräch – dem Hauptteil der MPU – vertieft. Hier kann der Betroffene seine Perspektive, seine Erfahrungen, die bereits vollzogenen Änderungen des eigenen Verhaltens schildern und erläutern, was er tun wird, um künftig Auffälligkeiten im Straßen­verkehr zu vermeiden. Am Ende des Gesprächs fasst der Gutachter die Ergebnisse kurz zusammen.
Quelle: TÜV Süd

Wie kann man sich auf die MPU vorbereiten?

Zur Vorbereitung auf die MPU kann man zunächst einen kostenlosen Informations­abend besuchen. Dort gibt ein Experte Auskunft zu wichtigen Aspekten der Unter­suchung und beantwortet individuelle Fragen. Auch ein persönliches Beratungs­gespräch bei den Stellen, die die Medizinisch-Psychologische Untersuchung durchführen, kann bei der Vorbereitung hilfreich sein. Die persönliche Vorbereitung mit einem Verkehrspsychologen kann darüber hinaus ebenfalls gut geeignet sein, um das eigene Verhalten zu überdenken und zu ändern und gut durch die MPU zu kommen.
Quelle: Bundesanstalt für Straßenwesen

Muss man einen Dolmetscher zur MPU mitbringen?

Wenn man die deutsche Sprache nicht oder nicht gut beherrscht, sollte man bei der MPU einen Dolmetscher an seiner Seite haben. Dieser muss von der Begutach­tungsstelle für Fahreignung (BfF) zugelassen sein; Familienangehörige, Verwandte oder Bekannte werden nicht akzeptiert. Im Regelfall stellt die Begutach­tungsstelle einen professionellen Dolmetscher für die benötigte Sprache. Hierfür haben die Stellen Rahmenverträge mit Anbietern von Dolmetsch- und Übersetzerdiensten, wie zum Beispiel dem Übersetzungsbüro Lingua-World, wo sie bei Bedarf anfragen. Fast immer sind die Dolmetscher für die Medizinisch-Psychologische Untersuchung beeidigte Dolmetscher, nur in Ausnahmefällen übernehmen nicht beeidigte Dolmetscher die Begleitung.
Quelle: Lingua-World Übersetzungsbüro Köln

Was kostet die MPU?

Die Kosten für die Medizinisch-Psychologische Untersuchung sind geregelt in der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt). Sie richten sich nach der Art der Auffälligkeit und sind bundesweit einheitlich. Für eine MPU wegen Fahrens unter dem Einfluss von Alkohol fallen zum Beispiel 402,22 Euro an, für eine MPU wegen Fahrens unter Drogeneinfluss sind es 554,54 Euro. Und wer beim Fahren unter Drogen und Alkohol aufgefallen ist, der muss für die MPU 755,65 Euro bezahlen. Wenn die Begutachtungsstelle selbst ein Drogenscreening durchführt, erhöhen sich diese Gebühren. Kosten für einen beeidigten Dolmetscher für eine verkehrspsychologische Beratung sind nicht in diesen Sätzen enthalten.
Quelle: Autozeitung

Autorin: Silke Wiegand

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