Zuletzt aktualisiert: 22. Mai 2024
Als unser Kind diesen Wunsch äußerte, staunten wir Eltern nicht schlecht. Die Antwort auf unsere Frage „Warum?“ kam wie aus der Pistole geschossen: „Wir haben einen Neuen in der Klasse, der spricht schwäbisch. Und das klingt so krass!“ Als sprachbegeisterte Eltern, wir sind beide mehrsprachig unterwegs, freuten wir uns über den Wunsch unseres Kindes, eine neue Sprache lernen zu wollen. Den Wunsch zu verwirklichen, das war eine Herausforderung – wie dieser Erfahrungsbericht der Familie B.* aus Hamburg zeigt.
Sprachen sind Schlüssel in die Welt
Unsere Familie, Vater, Mutter und vier Kinder, lebt mitten in Hamburg. Wir Eltern haben verschiedene Muttersprachen, der Vater sogar drei, und lernten jeweils mehrere Fremdsprachen. Zusammen kommen wir auf vier gemeinsame und insgesamt acht verschiedene Sprachen, die wir in unterschiedlichen Niveaus beherrschen. Für uns sind Sprachen Schlüssel, die uns viele Türen im Leben öffnen. Wir messen ihnen einen hohen Stellenwert bei.
Schon im Kinderladen hatten unsere vier Kinder Gelegenheit, neben ihrer Muttersprache Deutsch ein paar Brocken ihnen fremdsprachiges Englisch zu lernen, weil eine der ErzieherInnen, eine echte Weltenbummlerin, ihr Englisch mit Begeisterung und kindgerecht weitergab. In den Grundschulen stand ab der ersten Klasse Englisch auf dem Stundenplan unserer Kinder. Wobei die Sprache je nach Lehrkörper mit mehr oder weniger Engagement und Liebe vermittelt wurde. Die von den älteren Kindern gewählte weiterführende Schule ist bilingual Deutsch-Englisch aufgestellt. Daneben lernen die Kinder dort noch Französisch als zweite Fremdsprache.
Ein Dialekt ist die Muttersprache einer Region
Darüber, dass das jüngste Kind, noch in der Grundschule, plötzlich den Wunsch hegte, mit Schwäbisch einen deutschen Dialekt zu erlernen, mussten wir erst einmal gründlich nachdenken. Wir kannten niemanden persönlich, der Schwäbisch als Muttersprache sprach. Und nichts anderes ist doch ein Dialekt: die Muttersprache einer Region.
Schwäbisch, so lernten wir während unserer ersten intensiven Auseinandersetzung mit dem Dialekt, spricht man in Teilen Baden-Württembergs und Bayerns. In einigen angrenzenden Gebieten, beispielsweise im Elsass in Frankreich und in der Schweiz, findet man ebenfalls Dialektvarianten, die dem Schwäbischen ähneln oder davon beeinflusst sind. Doch da kam schon die erste Hürde: Das Schwäbisch gibt es gar nicht. Stattdessen unterteilt man das Schwäbische regional ins Mittelschwäbische, Südwestschwäbische und Ostschwäbische. Also fragten wir unser Kind zuerst: „Welches Schwäbisch spricht dein neuer Mitschüler?“ Die Antwort bekamen wir tags darauf: „Mittelschwäbisch. Der Luka ist aus Böblingen.“ Und ohne Luft zu holen, fragte unser Kind uns anschließend, wann es denn nun endlich damit anfangen könnte, Schwäbisch zu lernen.
Sollte man einen unbeliebten Dialekt lernen?
Wir Eltern waren etwas ratlos. Zum einen wussten wir aus eigener Erfahrung, dass das Vergnügen, eine weitere Sprache zu beherrschen, eine Menge Arbeit bedeutete. Zum anderen fragten wir uns: Lohnt es sich, einen Dialekt zu lernen? Und sei es nur, um eine Geheimsprache zu haben, die die Mitschüler nicht verstehen? Noch dazu einen Dialekt, der laut einer Umfrage auf der Unbeliebtheitsskala der deutschen Dialekte (18 Dialekte standen zur Wahl) auf Platz 2 steht? 19,3 Prozent der 2023 befragten Deutschen mögen Schwäbisch überhaupt nicht. Noch unbeliebter ist demnach nur Sächsisch.
Beliebt oder unbeliebt, Dialekte sind identitätsstiftender Teil unserer Kultur. Wenn Sie regionale Mundarten schriftlich oder mündlich übertragen wollen, ist auf unsere professionellen Übersetzer und Dolmetscher Verlass. Diese beherrschen nicht nur alle weltweit gängigen Sprachen, sondern auch regionale Dialekte. Nehmen Sie Kontakt auf und stellen Sie uns Ihr Vorhaben vor! Wir unterstützen Sie gerne!
Unverbindliche Übersetzungs-Anfrage oder Dolmetscher-Anfrage
Lernen, um des Lernens willens: Dialekt lernen oder Fremdsprache lernen?
Fest stand für uns Eltern auch: Die Lernfreudigkeit unseres Kindes wollten wir keineswegs bremsen. Doch sollten wir sie umleiten: Weg vom Dialekt lernen – hin zu einer weiteren Fremdsprache? Ein schwieriges Unterfangen. Schließlich kennen wir unser Kind: Hat es sich einmal etwas in den Kopf gesetzt, hält es daran fest. Dennoch wendeten wir auch für diesen Wunsch unsere bewährte Listentaktik an: Bei Wünschen halten wir es immer so, dass alle auf eine persönliche Wunschliste kommen. Die kann das wünschende Kind in Eigenregie verwalten. Wünsche, die dort lange unter den Top 3 platziert sind, versuchen wir Eltern möglichst zu verwirklichen. Schwäbisch lernen landete nach dem echten Wolf direkt auf Platz 2 der Wunschliste unseres Kindes.
Wie lernt man einen Dialekt?
Wir baten unser Kind um etwas Zeit für eine gründliche Recherche, schließlich hatten wir Fragen, die es vorab zu beantworten galt: Wie lernt man Schwäbisch? Wo lernt man den Dialekt? Was kostet es, einen Dialekt zu lernen? Die Zeit für Recherche wurde uns von unserem Kind gewährt – allerdings verbunden mit einem Lieferdatum. Zwischenzeitlich lernte unser Kind seine ersten Schwäbisch-Vokabeln mit Lukas – anfangs in den Pausen in der Schule und als die Freundschaft der Kinder wuchs, auch nachmittags beim Basketballspielen und gemeinsamen Zocken. Die beiden hatten einen Deal: Jeder lernt vom anderen. Sie sprachen bei ihren Verabredungen abwechselnd Schwäbisch und Hamburgisch, wobei Lukas hier klar im Vorteil war, da er von klein auf auch Hochdeutsch gelernt hatte.
Natürlich gab unser Kind seine neusten Schwäbisch-Vokabeln regelmäßig in der Familie zum Besten: Und so lernten wir alle, selbst die Oma, sprachliche Highlights – a baar Beispiel: Fuzklemmer (etwas, das verhindert, dass man furzt), Babbadeggl (was wie „Pappdeckel“ klingt, heißt: Karton) oder Muggaseckele (ein klitzekleines Bisschen von etwas).
Dialekt lernen: Pro & Contra
Derweil recherchierten wir Eltern weiter: Was spricht dafür, einen Dialekt zu lernen – und was dagegen? Dem Gehirn ist es laut unseren Recherchen gleich: Dialektlernen ist wie Fremdsprachelernen. Wir fanden unter anderem heraus, dass Kinder, die mit einem Dialekt aufwachsen, den sie als Muttersprache neben dem Hochdeutschen (Standardsprache) erlernten, eine größere Sprachkompetenz entwickelten. Diese Kinder würden früh lernen, zwischen verschiedenen Sprachebenen zu unterscheiden, was vor allem ihre Auffassungsgabe und ihr abstraktes Denken trainiere. Dialektsprechende würden vor allem in Deutsch (Rechtschreibung) und Mathematik von ihrem guten sprachanalytischen Verständnis profitieren.
Nun hatte unser Kind Schwäbisch nicht mit der Muttermilch aufgesogen, sondern würde es wie eine Fremdsprache lernen. Da stellten wir Eltern uns schon noch die Sinnfrage: Ist es sinnvoll, einen Dialekt zu lernen, ohne in der Dialektregion zu leben? Würden wir dem Kind damit eine Adresse für seinen späteren Lebensweg vorschreiben – nach dem Motto: Lerne eine Weltsprache und die ganze Welt versteht dich, lerne Schwäbisch und ganz Böblingen versteht dich? Hinzu kamen Fragen wie: Was ist, wenn die Freundschaft zu Luka zerbricht? Lernt unser Kind dann weiter Schwäbisch?
Den theoretischen Vorteilen des Dialektlernens stand für uns Hamburger die Schwierigkeit der praktischen Umsetzung im Weg. Hier kamen wir Eltern zu dem Schluss: Je weiter eine Dialektregion von demjenigen entfernt ist, der den zugehörigen Dialekt lernen will, desto schwieriger wird’s. Unsere Frage ans Internet, wo man Schwäbisch lernen kann, wurde sehr unbefriedigend beantwortet. Es gab Hinweise darauf, dass Volksschulen mitunter Dialektkurse anbieten würden. Im Programm der von uns erreichbaren Hamburger Volkschulen fand sich leider kein Schwäbischkurs. Auch online fanden wir kein passendes Angebot, es gab zwar Schwäbisch-Onlinekurse für junge Erwachsene, jedoch keine für Kinder im Grundschulalter. Was wir fanden, waren verschiedene Internetseiten zum Selbststudium, inklusive Schwäbisch-Lexikon, von denen jedoch keine wirklich für Grundschulkinder ausgelegt war.
Unsere Lösung: Schwäbisch lernen in Hamburg – so geht’s!
Am Ende fanden wir diese Lösung für unser Kind, das Schwäbisch in Hamburg lernen wollte: Wir organisierten gemeinsam mit den Eltern von Lukas, die froh waren, dass ihr Kind sich dank der Freundschaft zu unserem Kind rasch in die neue Schule sowie Umgebung einlebte und den Abschied von seinen Freunden in Böblingen besser verkraftete, einen Schwäbisch-Crashkurs: Als Schwäbisch-Lehrer stellten wir Lukas Großeltern an, die über die Ferien nach Hamburg kamen.
So ein Crashkurs wirkt wie eine Initialzündung. Unser Kind lernte viele schwäbische Ausdrücke und sprach währenddessen fast nur noch Schwäbisch. Damit hatte es einen guten Start und Basiskenntnisse im Schwäbischen, auf die es aufbauen konnte. Besuche bei Luka zuhause wirkten jedes Mal wie Minisprachreisen: Luka, seine Eltern und seine Geschwister nahmen unser Kind liebevoll in ihre schwäbisch schwätzende Familie auf.
Unser Tipp zum Dialektlernen: Die beste Dialektschule findet in der Küche statt. Unser Kind bringt mit seinem Schwäbisch nicht nur neue Sprachkenntnisse heim, sondern auch neue Rezepte. Wir sind uns zwar einig, dass wir den norddeutschen Kartoffelsalat mit Mayo lieber mögen als den schwäbischen ohne, der stattdessen mit einer Briah (Brühe) angemacht wird, aber immerhin haben wir auch unseren Speisenhorizont erweitert. Und darum geht’s doch beim Dialektlernen ebenso wie beim Sprachenlernen: Horizonterweiterung.
PS: In den nächsten Ferien fährt unser Kind eine Woche ins Ländle: Es besucht gemeinsam mit seinem Freund Luka dessen Ahna (Oma) und Ehne (Opa).
Sie brauchen eine Übersetzung? Für unsere Übersetzer und Dolmetscher ist das keine außergewöhnliche Herausforderung, sondern daily business.
Melden Sie sich direkt bei uns – wir übersetzen Ihre Vorlagen gerne.
*Der Name liegt der Redaktion vor.
Quellen und Ressourcen:
https://www.sueddeutsche.de/wissen/studie-dialekt-macht-schlau-1.912547
https://www.schwarzwaelder-bote.de/inhalt.bisingen-schwaebisch-lernen-in-vier-lektionen.72a8edaa-27cf-498e-8eb1-2fb9089f5e1c.html