Leichte Sprache sprechen und schreiben: So geht’s!

Zuletzt aktualisiert: 19. Dezember 2023

Gerade dort, wo die deutsche Sprache mitunter schwerer zu lesen ist als im alltäglichen Gebrauch – auf amtlichen Internetseiten und Infoflyern zum Beispiel – findet sich immer häufiger ein Hinweis, dass es den vorliegenden Text auch in „leichter Sprache“ gibt. Was es damit auf sich hat, das erfahren Sie hier!

Welches Deutsch ist schweres Deutsch? Beamtendeutsch!

In Deutschland gibt es neben dem Standarddeutsch (auch Hochdeutsch genannt) und den meist regional begrenzt gesprochenen Dialekten und Mundarten auch eine besonders trockene Sprachform: das Beamtendeutsch beziehungsweise Behördendeutsch. Es wird vorwiegend in Ämtern, Behörden und Verwaltungen benutzt und gilt nicht nur als unlebendiges, unanschauliches, langatmiges, verklausuliertes und verschachteltes Deutsch, sondern vor allem als schweres Deutsch.

Zum Kopfschütteln: Beispiele für Beamtendeutsch

Wie schwer Beamtendeutsch zu verstehen ist, das zeigen wir Ihnen mit folgenden Beispielen anschaulich: Angenommen, in Ihrem Vorgarten macht sich Unkraut breit und wuchert sogar schon durch den hölzernen Lattenzaun auf den öffentlichen Gehweg vor Ihrem Haus. Dann könnte es geschehen, dass Sie einen Brief vom zuständigen Amt erhalten, der Sie auffordert, das Unkraut schleunigst zu beseitigen – wobei anstelle von „Unkraut“ vielleicht der Begriff „Spontanvegetation“ und anstelle von „Zaun“ der Ausdruck „nicht lebende Einfriedung“ (in Abgrenzung zur „lebenden“ Hecke) in dem Brief steht. Und falls Sie Widerspruch gegen die Aufforderung einlegen wollen, bittet das Amt Sie, Ihren Brief mit dem schriftlichen Widerspruch mit einer „ausreichenden Wertmarke freizumachen“, was nichts anderes heißt, als eine ausreichende Briefmarke auf den Umschlag zu kleben.

Andersherum sollten Sie im Falle eines Mittelstreifens auf Ihrer Straße, den Sie dem zuständigen Amt melden wollen, weil darauf so viel Unkraut wächst, dass es bereits auf die Fahrstreifen quillt und den Verkehr behindert, im Brief ans Amt nicht unbedingt „begrünter Mittelstreifen“ schreiben, sondern besser „Straßenbegleit­grün“. Denn das verstehen die Beamten besser. Und wenn Sie melden wollen, dass ein Baum auf besagtem Mittelstreifen einen Ast zu verlieren droht, der auf ein darunter fahrendes Auto fallen könnte, verstehen Beamte Sie eher, wenn Sie den Ausdruck „raumübergreifendes Grün“ anstelle von „Baum“ benutzen.

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Wem Beamtendeutsch Probleme macht

Alle, die die deutsche Sprache beherrschen, schütteln angesichts solcher Beispiele für Beamtendeutsch den Kopf und erzählen sie mit einem Lächeln weiter. Denn trotz der schweren Behördensprache haben sie verstanden, was Sache ist.

Doch es gibt viele Menschen, die die alles andere als alltäglichen Begriffe aus dem Beamtendeutsch nicht verstehen. Dazu gehören unter anderem Menschen,

  • die gerade erst Deutsch lernen – sei es als Muttersprachler oder als Fremdsprachler.
  • die Probleme beim Lesen und Schreiben haben, zum Beispiel aufgrund einer Lese- und/oder Rechtschreibschwäche.
  • die ein sonstiges Handicap haben.
  • die dement sind.
  • die die Gebärdensprache brauchen.

Und für genau diese Menschen ist die leichte Sprache eingeführt worden. Eingefordert hatte sie ursprünglich die Organisation „People First“ aus den USA. Das ist eine Selbstvertretungsorganisation von Menschen, die Lernschwierigkeiten haben.

Wissenswertes zu leichter Sprache

Was leichte Sprache ausmacht

Schwer zu lesen und verstehen sind Texte vor allem dann, wenn sie zu lang, zu kompliziert und/oder zu einem Thema verfasst sind, dass man noch nicht kennt.

Texte in leichter Sprache sind dagegen kurz und einfach geschrieben, so dass sie leicht zu verstehen sind, ganz gleich, wie kompliziert der Sachverhalt ist, den sie behandeln. Damit das gewährleistet ist, wurden Regeln für leichte Sprache entwickelt. Das hier sind die wichtigsten:

  1. Die Sätze sind extra kurz zu formulieren, als Richtwert gilt eine Satzlänge von acht Wörtern.
  2. Auf Nebensätze ist möglichst zu verzichten.
  3. Jeder Satz sollte nur eine Info oder Aussage liefern.
  4. Leichte Sprache benutzt einfache, klare Wörter, die alltäglich sind und Alltägliches verständlich beschreiben.
  5. Ein Text in leichter Sprache ist frei von Fachwörtern, Fremdwörtern und Abkürzungen.
  6. Stattdessen sollten Wörter benutzt werden, die möglichst vielen Menschen bekannt sind und deren Gebrauch geläufig ist.
  7. Kommt man nicht ohne ein Fach- oder Fremdwort aus, wird dieses erstens angekündigt und zweitens erklärt.
  8. Abkürzungen sollten ausgeschrieben werden.
  9. Geht es im Text in leichter Sprache um eine bestimmte Sache, nutzt man nur einen Begriff dafür und wechselt nicht zwischen diesem und möglichen Synonymen.
  10. Vorzugsweise sollte ein Text in leichter Sprache aus kurzen Wörtern bestehen.
  11. Ist das nicht machbar, sind lange Wörter sinnvoll zu trennen. Das lässt sich mit einem Bindestrich („Binde-Strich“) oder einem sogenannten Medio-Punkt („Mediopunkt“) als Lesehilfe machen. Weil nach dem Mediopunkt klein weitergeschrieben wird, verändert er das Wortbild nicht.
  12. Einfache Sätze mit Verben sind leichter zu verstehen als solche mit Substantiven.
  13. Aktive Ausdrücke sind einfacher als passive zu erfassen.
  14. Auch der Verzicht auf Verneinungen erleichtert das Verständnis.
  15. Auf den Genitiv sollte leichte Sprache ebenso verzichten wie auf den Konjunktiv.
  16. Es sollten viele kurze Absätze mit eigenen Überschriften verwendet werden.

Leichte Sprache beschränkt sich nicht nur auf das Inhaltliche

Auch die Anordnung der Wörter, Sätze und Absätze und das sich daraus ergebende Sprachbild erleichtert das Lesen, Verstehen und Schreiben eines Textes.

  • Schriftgröße: Bei gedrucktem Text sollte eine große Schrift gewählt werden.
  • Zeilenabstand: Zwischen den Zeilen sollte ausreichend Platz sein.
  • Jeder Satz sollte linksbündig in einer neuen Zeile beginnen.
  • Auf Worttrennungen am Zeilenende sollten Sie verzichten. Sätze und Absätze sollten nicht am Seitenende getrennt werden.
  • Alle Wörter, die in einem bestimmten Sinnzusammenhang stehen, sollten in einer Zeile stehen.
  • Hervorhebungen erleichtern das Lesen von Texten. Bewährt hat sich unter anderem auch farbiger Druck auf farbigem Papier, insbesondere die sogenannte IKEA-Farbkombi blaue Schrift auf gelbem Untergrund in Anlehnung an das Logo des schwedischen Möbelhauses.

Hinzu kommen leicht verständliche Symbole, Bilder und Grafiken, die unmissverständlich zeigen, was gezeigt und verstanden werden soll. Sie müssen zwingend zum Text passen.

Übrigens weisen viele Herausgeber von Informationen online wie offline mit einem grafischen Symbol darauf hin, dass sie ihre Inhalte auch in leichter Sprache anbieten.

Das Thema Kontrast und Farben auf der Website des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes: https://www.leserlich.info/kapitel/farben.php. Hier besteht z.B. die Möglichkeit, mit einem Kontrastrechner die ausreichende Kontrast­fähigkeit von individuellen Farbwerten für Zeichen- und Hintergrundfarben bei Vierfarbdruck oder Monitoranwendungen zu überprüfen.

Von der Einfachheit zur Komplexität: Während unser Artikel über „Leichte Sprache sprechen und schreiben“ die Bedeutung und Umsetzung vereinfachter Sprach­formen aufzeigt, widmet sich ein weiterer interessanter Beitrag in unserem Blog der Frage, welche die schwerste Sprache der Welt ist.

Fazit

Wer möchte, dass seine Informationen möglichst viele Menschen erreichen, sollte sich der leichten Sprache bedienen. Diese unterliegt gewissen Regeln, die beim Verfassen von Texten in leichter Sprache einzuhalten sind. Leichte Sprache kann geschrieben, gelesen und gesprochen werden.

Unsere klassischen Dolmetscher und Übersetzer übersetzen Ihre Vorlagen nicht nur in alle Sprachen dieser Welt, sondern auch in die jeweils leichte Sprache derselben, damit Sie Ihre Informationen möglichst vielen Menschen verständlich zugänglich machen können. Lassen Sie sich gerne von uns dazu beraten!

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