Transkulturell schreiben: Wie man kulturelle Einflüsse in der Sprach­mittlung überträgt

Zuletzt aktualisiert: 27. September 2023

Welche Rolle spielt Kultur beim Übersetzen? Was heißt transkulturell? Wie unter­scheidet sich das Konzept der Transkulturalität vom klassischen, interkulturel­len und multikulturellen Kulturkonzept? Wie fließt Transkulturalität in Übersetzungen ein? Diese und mehr Fragen beantworten wir hier.

Sprache ist Kultur

Mit Sprache drücken wir Menschen uns aus. Sie ist unser wichtigstes Kommuni­kationsmittel. Da jeder Mensch Teil einer Kultur ist, ist auch seine Sprache kulturell geprägt. Denn Kultur ist im klassischen Verständnis (siehe auch weiter unten) die Summe aller charakteristischen geistigen, künstlerischen und gestaltenden Leistungen der Gesellschaft, in der jeder einzelne von uns lebt.

Darstellung von Transkulturalität durch plastische Gesichter verschiedenartiger Nationalitäten

Übersetzte Kultur

Die Kommunikation mit Sprache findet innerhalb einer Sprache und zwischen den verschiedenen Sprachen statt. Übersetzungen überwinden dabei nicht nur Sprach­grenzen innerhalb einer Kultur, sondern auch kulturelle Grenzen. Das zeigt klar, dass mit der übersetzten Sprachinformation auch kulturelle Informationen übersetzt werden.

Das ist eine komplexe Leistung, die vom jeweiligen Übersetzer nicht nur eine reine sprachliche Kompetenz abverlangt, sondern auch eine kulturelle – und das sowohl in der Ausgangssprache als auch in der Zielsprache. Hinzu kommt die Verbindungs­kompetenz, die jeder Sprachmittler in seine Arbeit einbringt. Sie fußt auf dem Wissen des Sprachprofis zu den Beziehungen zwischen „seinen“ Sprachen und deren zugehörigen Kulturen.

Das Ergebnis seiner Arbeit – die Übersetzung – verbindet deshalb immer Sprach­liches und Kulturelles beider Sprachen – und der Übersetzer und Dolmetscher überträgt nicht nur rein mechanisch Sprache, sondern verbindet Kulturen und vermittelt Verständnis zur jeweils anderen Kultur. Er wirkt demnach wie ein Me­diator. Das gelingt ihm bestenfalls dank seiner kulturellen Kenntnisse und Erfahrungen.

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Unverbindliche Übersetzungs-Anfrage oder Dolmetscher-Anfrage

Übersetzer überträgt Informationen mit persönlicher Marke

Stellt sich noch die Frage, inwieweit der Übersetzer und Dolmetscher sich mit seiner Persönlichkeit in die Übersetzung einbringt, schließlich ist er auch kulturell geprägt. Dass seine „persönliche Handschrift“ immer mit dabei ist, ist nahezu unerlässlich: Denn beim schriftlichen oder mündlichen Übertragen von Infor­mationen geht es um das Übertragen der Bedeutung eben dieser Informationen.

Der Übersetzer und der Dolmetscher deuten die zu übertragenden Informationen und richten sich dabei maßgeblich an professionellen Anforderungen aus. Dennoch obliegt ihnen die Deutungshoheit. Und diese führt dazu, dass eine Übersetzung auch immer eine persönliche sprachliche und kulturelle Note (Marke) trägt. Die Übersetzung ist damit ein Einzelstück (Unikat), vergleichbar mit einem individuellen Werk eines Handwerkers.

Diese persönliche „Markierung“ der Übersetzung fällt meist umso stärker aus, je größer der Spielraum zum Deuten des Sprachmittlers ist. Ein sachlicher Text mit vielen Fachbegriffen zu einem klar eingegrenzten wissenschaftlichen Thema wird – übertragen von verschiedenen Übersetzern und Dolmetschern – sicher kaum Unterschiede aufweisen. Ganz anders dagegen ein blumiges Gedicht. Das bietet viel Raum zum Deuten und wird sicher sehr unterschiedlich übertragen werden.

Wozu auch noch angemerkt werden muss, dass Dolmetscher – wenn überhaupt – deutlich weniger Zeit als Übersetzer haben, um ihre Sprachübertragung zu korrigieren. Das ist in der jeweiligen Arbeitsweise der professionellen begründet: Der Dolmetscher überträgt Gesprochenes, der Übersetzer Verschriftlichtes. Letzterer hat in der Regel mehr Zeit für seinen Job und kann sein Produkt mehrfach korrigieren. Der Dolmetscher dolmetscht oft sogar in Echtzeit (als Konferenzdolmetscher), ihm bleibt keine Zeit zur Berichtigung seiner Übertragung. Umso mehr Gewicht hat die Deutung, die der Dolmetscher vornimmt.

Transkulturalität: Transkulturell übersetzen

Um zu verstehen, was transkulturelles Übersetzen heißt, muss man den Kulturbegriff kennen. Der wurde im Laufe der Zeit verschieden erklärt: Neben einer klassischen Begriffserklärung für traditionelle Kultur gibt es neuere Erklärungskonzepte wie Interkulturalität, Multikulturalität und Transkulturalität.

Der klassische Kulturbegriff, maßgeblich geformt von Johann Gottfried Herder, weise drei Charakteristika auf: eine ethnische Fundierung, eine soziale Homogenisierung und eine Abgrenzung nach außen. Die dahinter liegenden Annahmen Herders seien heute unhaltbar, schreibt Wolfgang Welsch (Akademie für west-östlichen Dialog der Kulturen e.V.). Demnach impliziere der klassische Kulturbegriff Kulturen als „Inseln“ oder „Kugeln“. Das interkulturelle Konzept ergänze laut Welsch die traditionelle Kulturvorstellung lediglich kosmetisch, ohne interkulturelle Konflikte zu lösen.

Ähnliches schreibt Welsch dem multikulturellen Kulturkonzept zu. Denn gleichwohl es „Probleme des Zusammenlebens verschiedener Kulturen innerhalb einer Gesellschaft“ aufgreife, gehe es von klar unterschiedenen, in sich einheitlichen (homogenen) Kulturen aus – jetzt allerdings innerhalb ein und derselben staatlichen Gemeinschaft. Das Konzept der Multikulturalität versuche Welsch zufolge zwar mit Toleranz, Verständigung, Akzeptanz und Konfliktvermeidung oder Konflikttherapie kulturelle Konflikte zu lösen, bewirke damit jedoch keine tatsächliche Verständigung zwischen den kulturell heterogenen Gruppen oder eine Überschreitung der trennenden (separierenden) Schranken.

Aus diesem Grund prägte Welsch das Konzept Transkulturalität. Er legte diesem ein neues Verständnis von Kulturen zugrunde: Kulturen seien demnach inzwischen „hochgradig miteinander verflochten“ und würden „einander durchdringen“. Die neuartigen Verflechtungen der Kulturen seien eine Folge von

  • Migrationsprozessen
  • sowie von weltweiten materiellen und immateriellen Kommunikationssystemen (internationaler Verkehr und Datennetze)
  • und von ökonomischen Interdependenzen.

Welsch erklärt zudem, dass „grundlegende Probleme und Bewusstseinslagen“ heute in den einst für so grundverschieden erachteten Kulturen in gleicher Weise aufträten und gleichsam quer durch sie hindurchgingen. Als Beispiele führt er hier „das Problem des Auseinanderdriftens von naturwissenschaftlicher und literarischer Kultur“ sowie „das ökologische Bewusstsein“ an. Letzteres sei ihm zufolge in jüngster Zeit ein mächtiger Wirkfaktor quer durch die Kulturen.

Welsch spricht den Kulturen sowohl strikt Eigenes als auch strikt Fremdes ab. Vielmehr gebe es in einer Kultur zwischen ihren diversen Lebensformen heute tendenziell ebenso viele Fremdheiten wie im Außenverhältnis zu anderen Kulturen. Statt der separierten Einzelkulturen von einst hätten wir inzwischen eine inter­dependente Globalkultur, die sämtliche Nationalkulturen verbinde und bis in Einzelheiten hinein durchdringe.

Daraus resultiert ein neuer Anspruch an die Informationsübertragung von Dolmetschern und Übersetzern. Sie müssen die Globalkultur kennen und transkulturelle Kompetenzen besitzen.

Transkulturell schreiben, übersetzen und dolmetschen: So machen Sie’s richtig! 6 Tipps

  1. Begegnen Sie anderen Menschen in deren Lebensumständen ohne Vorurteile. Seien Sie ihnen gegenüber offen, interessiert, neugierig. Fragen Sie gezielt nach kulturellen Bedingungen und Hintergründen.
  2. Kommunizieren Sie reflektiert und lernen Sie, Mehrdeutigkeit zu ertragen (sogenannte Ambiguitätstoleranz).
  3. Legen Sie sich Kenntnisse zu Gemeinsamkeiten und Unterschieden der Menschen und ihrer Kulturen zu und kommunizieren und handeln Sie, ohne andere zu diskriminieren.
  4. Seien Sie sich dessen bewusst, dass Ihre Gegenüber trotz gemeinsamer Herkunft und/oder Sprache Individuen mit einem eigenen kulturellen Hintergrund sind. Meiden Sie Kulturalisierungen, Pauschalisierungen und Stereotypisierungen.
  5. Klären Sie bei transkulturellen Vermittlungsjobs (übersetzen, dolmetschen) vorab ab, welche Rolle die Kultur dabei spielen soll.
  6. Machen Sie beim transkulturellen Übersetzen und Dolmetschen alle Beteiligten gegebenenfalls auf kulturell bedingt Unterschiede aufmerksam und vermitteln Sie diese verständlich, um Missverständnissen vorzubeugen.

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